Die Tarifparteien im privaten und öffentlichen Bankgewerbe haben sich in der fünften Verhandlungsrunde in der Nacht zu Donnerstag auf ein umfangreiches Abschlusspaket verständigt. Es umfasst neben Gehaltssteigerungen in zwei Stufen auch neue Tarifregelungen zu Qualifizierung, Arbeitszeit, Ausbildung und Prävention sowie den Einstieg in eine weitere Modernisierung der Tarifverträge. Dazu gehören Verhandlungen über ein neues Tarif-Entgeltsystem, einen eigenständigen Ausbildungs-Tarifvertrag und einen Tarifvertrag zur betrieblichen Altersversorgung nach dem neuen Sozialpartnermodell Betriebsrente.
Kern des Tarifabschlusses ist ein neuer Gehaltstarifvertrag mit einer Laufzeit von 29 Monaten (Februar 2019 bis Juni 2021). Die Gehälter für die rund 190.000 Beschäftigten werden in zwei Stufen um insgesamt 4,0 Prozent erhöht: ab September 2019 um 2,0 Prozent und noch einmal um weitere 2,0 Prozent ab November 2020. Damit erhöhen sich die Tarifgehälter über die Laufzeit um durchschnittlich 1,66 Prozent pro Jahr. Auszubildende erhalten ab September 2019 eine überproportionale Gehaltserhöhung um 60 Euro pro Monat.
„Das Abschlusspaket unterstreicht den Wert der Sozialpartnerschaft im Bankgewerbe. Das Verhandlungsergebnis berücksichtigt die schwierige Branchenlage und dokumentiert zugleich den Reform- und Gestaltungswillen der Tarifparteien“, sagte Karl von Rohr, Verhandlungsführer der Banken-Arbeitgeber. „Mit dem Gehaltsabschluss sichern wir die Realeinkommen der Beschäftigten und schaffen langfristig Planungssicherheit für unsere Unternehmen.“ Gunar Feth, Vorsitzender der Tarifgemeinschaft öffentlicher Banken, erklärte: „Das waren lange und besonders schwierige Verhandlungen. Dieser Tarifabschluss liegt an der Belastungsgrenze, ist aber gerade noch vertretbar und wird den vielen verschiedenen Geschäftsmodellen in unserer Branche gerecht. Am Ende ist es uns gelungen, teilweise sehr unterschiedliche Positionen auf einen Nenner zu bringen.“
Über die Gehaltsfrage hinaus haben Arbeitgeber und Gewerkschaften folgende Vereinbarungen zur Gestaltung des digitalen Wandels getroffen:
- Die Beschäftigten haben künftig Anspruch auf ein jährliches Qualifizierungsgespräch, in dem gemeinsam festgestellt wird, ob und welcher individuelle Qualifizierungsbedarf besteht, insbesondere mit Blick auf die fortschreitende Digitalisierung. Bei Qualifizierungsbedarf wird eine geeignete und angemessene Qualifizierungsmaßnahme vereinbart, soweit diese im Rahmen bestehender Weiterbildungsbudgets abgedeckt ist.
- Für Abweichungen von der regelmäßigen Arbeitszeit gilt ein erweiterter Ausgleichzeitraum von zwölf anstatt bislang sechs Monaten. Damit erhalten Unternehmen und Beschäftigte mehr Flexibilität bei zunehmend mobilen und agilen Arbeitsformen.
- Um Berufseinsteigern bessere Beschäftigungsperspektiven zu bieten, erproben die Tarifparteien eine Regelung zur befristeten Übernahme Ausgebildeter. Danach werden Auszubildende bei persönlicher Eignung und nach erfolgreicher Abschlussprüfung für mindestens 12 Monate übernommen, sofern betrieblicher Bedarf besteht. Dieser setzt im jeweiligen Betrieb einen geeigneten freien Arbeitsplatz und eine entsprechende Mobilität der oder des Ausgebildeten voraus. Die Regelung gilt nicht, falls nicht für den Bedarf im eigenen Unternehmen ausgebildet wird. Die Regelung ist befristet bis Ende Juni 2021 und gilt nur für Ausbildungsverhältnisse, die in den Jahren 2020 und 2021 beginnen.
- Die Beschäftigten erhalten einen Anspruch auf Arbeitsbefreiung für Vorsorgeuntersuchungen gemäß dem Katalog der gesetzlichen Krankenversicherungen.
Zusätzlich haben sich die Tarifparteien auf Verhandlungen über die Modernisierung der Verbandstarifverträge verständigt mit dem Ziel, die Tarifverträge zukunftsgerecht zu gestalten und die Sozialpartnerschaft im Bankgewerbe zu stärken. Das Verhandlungspaket umfasst folgende Elemente:
- Die Verhandlungen über ein neues Tarif-Entgeltsystem, die bereits im Anschluss an die Tarifrunde 2016 begonnen hatten, werden im Jahr 2020 fortgesetzt. Dafür haben sich die Tarifparteien bereits auf verschiedene Eckpunkte verständigt. Angestrebt wird ein System mit zeitgemäßen Eingruppierungsmerkmalen. Auch der Zuschnitt des Tarifbereichs soll erörtert werden. Der Übergang auf ein neues System soll kostenneutral und mit Überleitungsvorschriften gestaltet werden, in die auch Fragen des Besitzstandes einbezogen werden sollen.
- Die Tarifparteien nehmen Verhandlungen über einen eigenständigen Ausbildungs-Tarifvertrag auf, in dem bisherige und etwaige neue Regelungen zur Ausbildung gebündelt werden sollen. Ziel ist es, die Attraktivität des Bankberufs für Nachwuchskräfte auch nach außen deutlicher sichtbar zu machen.
- Die Tarifparteien nehmen Verhandlungen über einen Tarifvertrag zur betrieblichen Altersversorgung nach dem Sozialpartnermodell Betriebsrente auf. Basis ist das Betriebsrentenstärkungsgesetz, das 2018 in Kraft getreten ist. Danach können die Sozialpartner im Rahmen von Tarifverträgen Betriebsrenten ohne Garantien durch den Arbeitgeber vereinbaren (reine Beitragszusage).
Die Tarifverhandlungen wurden auf Arbeitgeberseite vom Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes (AGV Banken) und der Tarifgemeinschaft öffentlicher Banken (VÖB) geführt, auf Gewerkschaftsseite von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi), dem Deutschen Bankangestellten-Verband (DBV) und DHV – Die Berufsgewerkschaft.
Der AGV Banken führt die Tarifverhandlungen gemeinsam mit der Tarifgemeinschaft Öffentlicher Banken. Die Verhandlungsgemeinschaft vertritt insgesamt rund 190.000 Beschäftigte.
Dem AGV Banken gehören rund 110 Institute an (Großbanken, Regionalbanken, Pfandbriefbanken, Spezialbanken, Privatbankiers und Bausparkassen). Vorsitzender des AGV Banken ist Karl von Rohr, Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutsche Bank AG.
Der Tarifgemeinschaft Öffentlicher Banken vertritt 45 Mitgliedsinstitute des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB), unter anderem Landesbanken, Förderinstitute, Bausparkassen und einzelne Sparkassen. Vorsitzender der Tarifgemeinschaft Öffentlicher Banken ist Gunar Feth, Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der SaarLB.