Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) warnt vor der Einführung einer Finanztransaktionssteuer (FTT). Das vorliegende Konzept sieht vor, die Steuer im Rahmen eines Minimalkonsenses begrenzt auf Aktien umzusetzen. „Die nun vorliegenden Pläne schaden der Aktienkultur, bedeuten einen hohen Bürokratieaufwand und werden nur geringe Steuermehreinnahmen generieren“, sagte Andreas Krautscheid, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, für die DK. „Es ist ein Alibiprojekt, das mehr Schaden als Nutzen anrichtet.“
Deutschland und Frankreich hatten Ende 2018 einen neuen Vorschlag vorgelegt, um eine Finanztransaktionssteuer auf Aktien kapitalstarker börsennotierter Unternehmen zu erheben, die in den teilnehmenden Mitgliedsstaaten ansässig sind. An Mitgliedsstaaten, die geringe bzw. keine Einnahmen aus der FTT erzielen werden, weil dort wenige oder keine Gesellschaften ansässig sind, die die Kriterien erfüllen (Griechenland, Slowakei und Slowenien), sollen garantierte Mindesteinnahmen in Höhe von 20 Millionen Euro gezahlt werden, um ihre Zustimmung zu sichern. Die Aufstockungen sollen von den Ländern getragen werden, deren eigene FTT-Einnahmen 100 Millionen Euro übersteigen; neben Deutschland sind dies Frankreich, Spanien, Italien und Belgien.
Der Anteil Deutschlands an den erwarteten Einnahmen von rund 3,45 Milliarden Euro beträgt 1,25 Milliarden Euro. Das entspricht rund 0,16 Prozent der für 2018 erwarteten Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden oder – anders ausgedrückt – nur unwesentlich mehr, als im vergangenen Jahr die Kaffeesteuer in die Kassen des Staates gespült hat.
Anders als bei der Kaffeesteuer müssen für die FTT jedoch sowohl bei der Finanzverwaltung als auch bei den Steuerpflichtigen völlig neuartige Prozesse implementiert werden, um die Steuer erheben und verwalten zu können. Zudem werden negative Auswirkungen auf den Kapitalmarkt erwartet, und dies in einem Umfeld, in dem Aktien gerade wegen der anhaltend niedrigen Zinssituation für die private Altersvorsorge eine attraktive Anlageform bilden. Dies sollte Anlass genug sein, das Vorhaben endgültig aufzugeben.
Die Einführung einer FTT sollte ursprünglich dazu dienen, die Verursacher der Finanzkrise an deren Kosten zu beteiligen. Zu diesem Zweck hatte die EU-Kommission 2011 einen Richtlinienvorschlag vorgelegt, der die Erhebung einer FTT auf eine Vielzahl von Geschäften mit Finanzinstrumenten vorsah. Nachdem einige Staaten bereits frühzeitig (2013) zu erkennen gegeben hatten, dass sie das Vorhaben wegen der negativen Wirkungen auf die Finanzmärkte nicht unterstützen, sollte dieses unter Nutzung der im EU-Vertrag vorgesehenen „Verstärkten Zusammenarbeit“ von einer kleineren Zahl von Mitgliedsstaaten (mindestens neun) realisiert werden. Doch auch hier konnte in sechs Jahren Verhandlungen keine Einigung erzielt werden. Die Zahl der teilnehmenden Staaten ist auf zehn gesunken. Das liegt neben zahlreichen immer noch nicht gelösten Fragen der Steuererhebung sicherlich auch an der Erkenntnis, dass die Steuer nicht die erhofften Wirkungen erzielen, sondern vor allem Privatanleger und Realwirtschaft, aber auch private und betriebliche Altersvorsorgeinstrumente treffen wird.