Berlin, 5. Juli 2021 – Die Deutsche Kreditwirtschaft stellt in einem Grundlagenpapier erstmals detaillierte Überlegungen zur Ausgestaltung eines „digitalen Euro“ vor. Die Fachleute der fünf kreditwirtschaftlichen Spitzenverbände in Deutschland entwerfen darin ein Ökosystem innovativer Geldformen, das weit über die Idee des digitalisierten Zentralbankgeldes, der sogenannten Central Bank Digital Currency (CBDC), hinausreicht. Die EZB will das Projekt für einen digitalen Euro voraussichtlich Mitte Juli 2021 starten.
„Der digitale Euro muss drei Dinge leisten, um erfolgreich zu sein: Er muss für Verbraucher so einfach zu händeln sein wie Bargeld. Er muss für Unternehmen zukunftsfähig einsetzbar sein –beispielsweise bei automatisierten Zahlungen von Maschine zu Maschine. Und der digitale Euro muss gut eingebettet sein in unser fein austariertes, sorgfältig abgesichertes und hochgradig reguliertes europäisches Finanzsystem. Denn dieses System gewährleistet die sichere und faire Teilhabe aller Menschen in Europa an Finanz- und kreditwirtschaftlichen Dienstleistungen“, so Dr. Joachim Schmalzl, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), aktuell Federführer der Deutschen Kreditwirtschaft.
Auch wenn der digitale Euro wie Bargeld gesetzliches Zahlungsmittel wird, sollte die Ausgabe von Geld im bewährten zweistufigen Bankensystem Aufgabe der Kreditinstitute bleiben, erklären die Experten der fünf kreditwirtschaftlichen Spitzenverbände. Das Ökosystem digitalen Geldes, das sie vorschlagen, besteht daher aus drei wesentlichen Elementen:
- Retail-CBDC für den privaten Gebrauch
- Wholesale-CBDC für Banken und Sparkassen
- Giralgeldtoken für den Einsatz in der Industrie
Retail-CBDC, das die Zentralbank herausgibt, sollen Privatpersonen im Euroraum wie Bargeld für Zahlungen im Alltag verwenden können – etwa für Bezahlvorgänge im Einzelhandel oder auch bei staatlichen Institutionen. Der digitale Euro soll wie Bargeld anonym und offline nutzbar sein. Kreditinstitute stellen den Menschen in Europa dafür elektronische Portemonnaies, sogenannte „CBDC-Wallets“, zur Verfügung.
Wholesale-CBDC der Zentralbank soll für die Kapitalmärkte und den Interbankenverkehr genutzt werden. Die DK-Experten fordern diese spezielle Form des digitalen Euro unter anderem, weil so auch die weitere Digitalisierung von Zentralbankkonten in das Projekt der EZB einbezogen werden könnte. Im Ergebnis sollen Verbesserungen erzielt werden können, die Verbrauchern und Verbraucherinnen, Unternehmen und auch der Kreditwirtschaft zugutekommen können.
Giralgeldtoken, die von Banken und Sparkassen zur Verfügung gestellt werden, sollen die beiden Formen des digitalen Zentralbankgelds ergänzen, um insbesondere den Bedürfnissen von Firmenkunden im Rahmen der Industrie 4.0 und des Internet of Things gerecht zu werden. Giralgeldtoken könnten den Ablauf automatisierter Verträge, sogenannter Smart Contracts, ermöglichen und so Prozesse effizienter machen.
„Mit der zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen eröffnen sich für Europas Unternehmen ganz neue Möglichkeiten. Die Kreditwirtschaft steht bereit, mit innovativen Geldformen neue Lösungen für ihre Unternehmenskunden anzubieten. Die EZB muss den Rahmen dafür so setzen, dass Europas Kreditwirtschaft und Realwirtschaft die neuen Möglichkeiten sinnvoll ausschöpfen können“, so Dr. Joachim Schmalzl für die DK.