Digitaler Euro – Neustart des Legislativpakets

Seit Juni 2023 liegt der Gesetzesvorschlag für einen digitalen Euro durch die EU-Kommission vor. Im Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON-Ausschuss) des Parlaments wird derzeit die Neuaufnahme der Verhandlungen über den parlamentarischen Berichtsentwurf erwartet. In den Ratsarbeitsgruppen wurde zwar auch während der Europawahlperiode weitergearbeitet, allerdings unterstrich die amtierende ungarische Ratspräsidentschaft, dass für 2024 keine Positionierung zu erwarten sei. Ein Start des Trilogs scheint erst ab Q2/2025 möglich.

Seit Herbst 2021 arbeitet die Europäische Zentralbank (EZB) bereits an einem Konzept für ein vollständiges hoheitliches Bezahlsystem für den digitalen Euro. Im Oktober 2023 wurde eine zweijährige Vorbereitungsphase eingeläutet, obwohl formal die grundsätzliche Entscheidung für einen digitalen Euro noch nicht gefallen ist. Im aktuellen Rulebook des digitalen Euro definiert die EZB bereits 93 Geschäftsvorfälle, die neben dem digitalen Euro als Zahlungsmittel auch eine komplette Zahlungsinfrastruktur vorsehen. Bis Ende 2024 soll die erste vollständige Fassung des Rulebooks erscheinen.

Derzeit arbeitet die EZB nur an Peer-to-Peer (P2P)- und Business-to-Consumer (B2C)-Lösungen, während Business-to-Business (B2B)-, Consumer-to-Government (C2G)-/Government-to-Consumer (G2C)- und Machine-to-Machine (M2M)-Zahlungen kaum bis gar nicht erörtert wurden. Die EZB plant, den digitalen Euro als ein neues, digitales Zahlverfahren für die Szenarien P2P und B2C einzuführen, die im direkten Wettbewerb zu bereits existierenden Marktlösungen stehen. Daher müssen der EZB hierbei enge Grenzen gesetzt werden und marktwirtschaftliche Chancen für die Kreditwirtschaft erhalten bleiben. Den eher geringen Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle stehen erhebliche Kosten der Kreditinstitute für die verpflichtende Unterstützung der neuen Infrastruktur neben teilweise fehlender Rechtssicherheit gegenüber. Bislang bleibt die Kostenseite für die Einführung des digitalen Euro wie auch die Ertragsseite für die Finanzwirtschaft bei sämtlichen Planungen unterbelichtet. Nach dem Vorschlag können nur über Händlerentgelte Kosten kompensiert werden.

Unsere Positionen

Wir plädieren für einen digitalen Euro, der ausschließlich als Zahlungsmittel von der EZB gestaltet wird. Ein hoheitliches Zahlverfahren in Konkurrenz zu privatwirtschaftlichen Bezahlsystemen kommt vor allem globalen Big Techs zugute, die aufgrund ihrer Skaleneffekte besonders von den geplanten kostenlosen Elementen des staatlichen Zahlverfahrens zulasten heimischer Anbieter profitieren können.

Wir setzen uns dafür ein, dass dieses Zahlungsmittel nur grundlegende Bezahlfunktionen wie Ein- und Auszahlungen aus der digitalen Kunden-Wallet und ein Haltelimit im Falle einer kontobasierten Version umfasst. Es soll als digitales Pendant zum Bargeld mit hoher Privatsphäre, Offlinefähigkeit und technischer Sicherheit gestaltet werden.

Wir fordern zur Sicherung der Finanzmarktstabilität im Euroraum und sinnvollen Liquiditätssteuerung der Banken ein einheitliches, niedriges dreistelliges und dauerhaftes Haltelimit, ohne Verzinsung für den digitalen Euro.

Wir empfehlen, die Vergütung der Finanzintermediäre dem Markt zu überlassen, damit in zusätzliche innovative Zahlungsdienste investiert werden kann. Hierzu bedarf es einer umfassenden Kostenanalyse in Relation zum erwartbaren Nutzen für alle Beteiligten.

Wir plädieren dafür, dass die Verpflichtung für Intermediäre entfällt, die von der EZB entwickelte Euro-System-App trotz eines eigenen Angebotes zusätzlich für Kunden anzubieten. Eine Multi-Wallet-Nutzung durch den Kunden ist darüber hinaus nicht notwendig und erhöht nur die Planungskomplexität und die Kosten.

Wir sehen weder den Mehrwert für Verbraucher, Händler und Finanzintermediäre noch die notwendige Finanzmarktstabilität als gesichert an. Für alle diese Aspekte braucht es valide, neutrale Analysen, die Akzeptanz und Nutzung des digitalen Euro belegen.