MiFID-Review / Retail Investment Strategy

Der Review der Finanzmarktrichtlinie MiFID II nimmt seit den Gesetzesvorschlägen der EU-Kommission im Rahmen ihrer Retail Investment Strategy (RIS) Fahrt auf. Die inhaltlichen Diskussionen zu einzelnen Themen, wie einem möglichen Provisionsverbot, liefen bereits einige Zeit zuvor. In der Praxis gaben seit der letzten Überarbeitung der MiFID einige Regelungen immer wieder Anlass für private und institutionelle Kunden, sich über zu umfangreiche und redundante Informationen zu beschweren, die insgesamt zu übermäßig komplexen Abläufen im Wertpapiergeschäft geführt haben.

Die umfassende Überprüfung der MiFID II sollte ursprünglich zu weiteren Erleichterungen auch für Retailanleger führen. Es besteht durch die vorgelegten Vorschläge zur RIS aber die Gefahr, dass neue Vorgaben eingeführt werden, die das Wertpapier- und Kapitalmarktgeschäft noch komplizierter machen können. So schlägt die Kommission beispielsweise ein Provisionsverbot für das in Deutschland weit verbreitete beratungsfreie Geschäft vor.

Zudem soll ein Value-for-Money-Ansatz in den Product-Governance-Prozessen sowohl der Emittenten als auch der Vertriebsstellen implementiert werden, der die „Werthaltigkeit“ von bestimmten Finanzprodukten mit Blick auf die damit zusammenhängenden Kosten bemessen soll. Nach den Vorschlägen der Kommission sollen seitens der Aufsichtsbehörden (wie ESMA) Kosten- und Performance-Benchmarks für Produkte entwickelt werden.

Die RIS-Vorschläge sehen zudem Änderungen für die Anlageberatung und das sog. beratungsfreie Wertpapiergeschäft sowie die Kundeninformationen inklusive Marketingmitteilungen vor. Zum Ende der letzten Legislaturperiode konnten sich das Europäische Parlament und der EU-Rat auf eine allgemeine Ausrichtung verständigen. Das Provisionsverbot für das beratungsfreie Wertpapiergeschäft haben beide Institutionen nicht unterstützt. Das Trilogverfahren zur RIS wird dann im Herbst/Winter 2024 nach Konstitution der EU-Leitungsgremien fortgesetzt. 

Unsere Positionen

Wir sprechen uns gegen viele der Vorschläge der EU-Kommission im Rahmen des MiFID-Reviews aus, da diese das ohnehin komplizierte Wertpapiergeschäft weiter erschweren würden. Stattdessen sollte ernsthaft geprüft werden, ob weitere Erleichterungen für institutionelle, aber auch Retailkunden möglich sind.

Wir warnen insbesondere vor der Einführung neuer, umfangreicher Regelungen. Dies betrifft die Einführung eines Value-for-Money-Ansatzes, der das Wertpapiergeschäft und die dahinterliegenden Prozesse weiter verkomplizieren würde. Die Vorschläge bergen die Gefahr des Einstiegs in eine Preisregulierung, was wir entschieden ablehnen, zumal unklar ist, ob die vielfältigen Produkte und Geschäftsmodelle hinreichend abgebildet werden können. Zwar haben Rat und Parlament einige Modifizierungen und teilweise auch Abschwächungen vorgenommen, allerdings erscheint das Thema Value for Money weiterhin überambitioniert.

Wir sprechen uns gegen Verschärfungen bei den Regelungen für Provisionen aus. Provisionen ermöglichen es hingegen, Retailkunden – und damit auch den Beziehern kleinerer und mittlerer Einkommen – eine Vielzahl von Wertpapierdienstleistungen und Services anzubieten. Die aktuellen Regeln sorgen in Deutschland bereits für sehr hohe Transparenz und vermeiden Interessenkonflikte. Verschärfungen oder gar ein Verbot in diesem Bereich könnten dazu führen, dass bestimmte Dienstleistungen nur noch sehr eingeschränkt angeboten werden können. So ist sehr erfreulich, dass EU-Parlament und Rat das vorgeschlagene Provisionsverbot nicht unterstützt haben.