Clearing in der EU – das Active Account Requirement
Als Teil der Stärkung der europäischen Kapitalmarktunion und um das Finanzsystem der EU stabiler, widerstandsfähiger und wettbewerbsfähiger zu machen, legte die EU-Kommission am 7. Dezember 2022 den Vorschlag zum Review der EMIR vor. Dieser trat nach langen Verhandlungen der EU-Co-Gesetzgeber am 24. Dezember 2024 in Kraft. Um die Abhängigkeit von CCPs (Zentrale Gegenparteien) aus Drittstaaten zu verringern – im Vordergrund der Verlagerungsdiskussion steht das London Clearing House (LCH) –, sollen EU-Marktteilnehmer ihre Euro-Derivate verstärkt über europäische CCPs clearen.
Viel diskutiert war und ist die Pflicht zur Führung sogenannter „aktiver Konten“ bei EU-CCPs für EU-Marktteilnehmer (Active Account Requirement, AAR). Ein Konto gilt als aktiv, wenn es über die erforderliche IT-Anbindung, die internen Prozesse und die rechtliche Dokumentation verfügt und in der Lage ist, kurzfristig einen erheblichen Anstieg des Volumens zu bewältigen. Zudem muss ein „repräsentativer Anteil“ systemrelevanter Produkte über EU-CCPs gecleart werden. Bis zum 25. Juni 2025 müssen Unternehmen, die dem AAR unterliegen, ein Konto bei einer EU-CCP eröffnen oder eine Clearing-Vereinbarung über einen Anbieter von Client-Clearing treffen.
Zwischen November 2024 und Januar 2025 konsultierte die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) die nähere Ausgestaltung des AAR. Bis zum 24. Juni 2025 muss sie finale Vorschläge für die Anforderungen und Bedingungen des AAR vorlegen. Das Konsultationspapier beinhaltete Vorschläge zu den operativen Anforderungen, der Repräsentativitätspflicht sowie umfangreichen neuen Meldepflichten.
Sowohl von den operativen Anforderungen als auch von der Repräsentativitätspflicht gibt es Ausnahmen, etwa wenn das geclearte Derivatevolumen insgesamt gering ist oder bereits die meisten Derivate bei EU-CCPs gecleart werden. Betroffene Unternehmen müssen daher prüfen, ob sie (i) nur den operativen Anforderung, (ii) nur der Repräsentativitätspflicht oder (iii) beiden unterliegen. Die neuen Meldepflichten gelten allerdings unabhängig davon für alle betroffenen Marktteilnehmer.
Unsere Positionen
Wir unterstützen grundsätzlich den Antritt, das Derivateclearing in der EU durch positive Anreize zu stärken und nicht durch höhere Eigenkapitalanforderungen für in Nicht-EU-Ländern geclearte Derivate zu erhöhen.
Wir halten es für problematisch, dass die Verordnung bereits 20 Tage nach Veröffentlichung im Amtsblatt der EU anwendbar war, obwohl viele der Pflichten erst auf Level 2 (u. a. zum Active Account) konkretisiert werden. Hierbei handelt es sich um ein bekanntes, sich ständig wiederholendes Problem der EU-Gesetzgebung. Die Anwendbarkeit der Level-1-Pflichten sollte an das Vorliegen und die Anwendbarkeit der Level-2-Vorgaben (die ihrerseits oft wieder durch Q&A und Leitlinien ergänzt werden) gebunden werden.
Wir sind der Auffassung, dass die Vorschläge der ESMA zu Meldepflichten im Zusammenhang mit der Erfüllung des AAR zu weit gehen. Fast alle der nun geforderten Daten liegen bereits im Rahmen des EMIR-Meldewesens vor. Die Vorschläge widersprechen damit dem von der EU-Kommission erklärten Ziel des Bürokratieabbaus und der Verringerung unnötiger Meldepflichten sowie der Vermeidung der Doppelmeldung.