Neuordnung von Wertpapierprospekten
Die mit dem EU Listing Act vollzogene Standardisierung von Format und Reihenfolge von Informationen in Prospekten stellt die wohl wichtigste Änderung am EU-Prospektregime seit seiner letzten großen Novelle vor ca. acht Jahren mit dem Erlass der EU-Prospektverordnung dar. Die konkrete Umsetzung der neuen Anforderungen an die Gestaltung und den Inhalt von Prospekten soll allerdings erst in den kommenden zwei Jahren über Level-2- und -3-Maßnahmen erfolgen.
So hat die ESMA bis Dezember 2025 der EU-Kommission Vorschläge zu Format- und Layout-Vorgaben für Prospekte und deren Zusammenfassungen vorzulegen. Weitere verbindliche Vorgaben zur einheitlichen Struktur und zur inhaltlichen Reduzierung bestimmter Prospektarten sollen bis Mitte 2026 folgen.
Zurzeit läuft eine weitere ESMA-Konsultation zur Erarbeitung ihrer Leitlinien zu Prospektnachträgen.
Parallel dazu soll die EU-Kommission bis Ende 2025 einen Bericht zur Prospekthaftung vorlegen, der die Notwendigkeit einer weiteren Harmonisierung bewerten soll. Vor diesem Hintergrund wurde ESMA um eine technische Beratung gebeten. Zur Erarbeitung ihrer Empfehlungen an die EU-Kommission führte ESMA eine Konsultation durch, an der wir uns bis zum Ende letzten Jahres beteiligt haben.
Unsere Positionen
Wir sind der Meinung, dass das europäische Prospektrecht seiner Funktion als Eintrittskarte zum Kapitalmarkt auch gerecht werden sollte. Dazu gehört es, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Informationsbedarf und Aufwand bei der Erstellung von Prospekten zu finden. Ansonsten werden unnötige Hürden für den Eintritt in den europäischen Kapitalmarkt errichtet.
Wir sind der Auffassung, dass eine zu starre regulatorische Festlegung der Struktur von Wertpapierprospekten nicht zielführend ist – weder im Interesse der Anleger noch der Emittenten. Während eine gewisse Standardisierung zur Vergleichbarkeit für Investoren beitragen kann, darf sie nicht auf Kosten der Lesbarkeit und Verständlichkeit gehen.
Wir plädieren für eine minimalinvasive und international anschlussfähige Konkretisierung der Prospektvorgaben auf Level 2 und 3. Ein zu weit gehender regulatorischer Eingriff in die Prospektstruktur könnte die Attraktivität des europäischen Kapitalmarktes erheblich beeinträchtigen.
Wir setzen uns für eine praxisgerechte Umsetzung der neuen Prospektanforderungen ein, die das notwendige Maß an Flexibilität bei der Anordnung von Informationen durch Emittenten zwingend beibehält. Die standardisierte Reihenfolge sollte auf die Hauptabschnitte eines Wertpapierprospekts beschränkt bleiben und keinesfalls zu einer unnötigen Detailregulierung führen. Um Widersprüche und inhaltliche Wiederholungen zu vermeiden, sind die von der ESMA konsultierten Änderungen zu den Anhängen der Prospektverordnung teils überarbeitungsbedürftig.
Wir warnen eindringlich vor einer Beeinträchtigung der über Jahrzehnte angewachsenen nationalen Haftungsregime im Rahmen der anstehenden Überprüfung der Prospekthaftung, die ohne fundierte Analyse erfolgt und die Eigenheiten der jeweiligen nationalen Rechtsordnungen missachtet.